Zu Beginn des Jahres 1999 veranstaltete die Stadtverwaltung Konstanz zusammen mit der Tageszeitung Südkurier einen Kreativ-Wettbewerb. Gefragt waren Ideen zur Umsetzung der Lokalen Agenda 21. Als Wettbewerbsbeitrag entwickelte unser Weltladen die Vision, eine "Konstanzer Mischung" auf den Markt zu bringen.
Unseren Wettbewerbsbeitrag hatten wir als Collage in Form zweier Poster gestaltet. Den damaligen Textbeitrag finden Sie hier:
Die Konstanzer Mischung - ein Rückblick
Der Deutschen Lieblingsgetränk ist der Kaffee. Allein in Konstanz werden pro Jahr rund 14.820.000 Liter des belebenden Getränks getrunken. Noch im Jahr 1998 sah die Situation im Kaffeehandel so aus: Das Massenprodukt Kaffee stand in jedem Supermarktregal, doch hinter den Kulissen fand ein harter Konkurrenzkampf statt: 90 % des Röstkaffeemarktes teilten sich wenige Großkonzerne. Verlierer des Preiskampfes waren die Kaffeeproduzenten in den Anbauländern. Die Kleinbauern schufteten für einen Hungerlohn, mit dem sie kaum ihre Familien ernähren konnten. Viele Kaffeebauern entschieden sich deshalb, in den lukrativeren Drogenanbau umzusteigen oder aber in die Slums der Großstädte zu ziehen, da sie sich dort bessere Lebensbedingungen erhofften. Der Kaffeehandel wurde deshalb sogar als "moderne Sklaverei" bezeichnet, weil sich Konzerne in den Industriestaaten durch die Ausbeutung benachteiligter Kleinbauern bereicherten.
Die erste Werbung: bemalte Plakatwand einer Bushaltestelle 1999
Seit den Siebzigerjahren gab es die "Aktion Dritte Welt Handel": Entwicklungspolitische Gruppen, Kirchengemeinden und Weltläden versuchten durch Informationsarbeit und den Verkauf von Kaffee, der fair gehandelt war, auf diese Problematik hinzuweisen und den Kaffeebauern neue Perspektiven zu eröffnen. Obwohl der so genannte Transfair-Kaffee nicht nur in den beiden Dritte-Welt-Läden in Konstanz, sondern auch in einigen anderen Läden verkauft wurde, blieb dieser Kaffee dennoch ein Nischenprodukt: fair gehandelter Kaffee hatte einen Marktanteil von unter 1 Prozent.
Gegen die übermächtigen Werbebudgets der Kaffeekonzerne hatte der Transfair-Kaffee keine Chance. Obwohl ein Großteil der Bevölkerung über die Missstände im Kaffeehandel informiert war, griff dennoch nur ein kleiner Kundenkreis bewusst zu Transfair-Kaffee. Es schien, als stecke die Idee des fairen Handels in Konstanz in der Sackgasse.
Dies änderte sich jedoch im Jahr 1999, als Stadtverwaltung und Südkurier im Rahmen der Lokalen Agenda 21 einen Wettbewerb ausschrieben. Es sollte auf einen verantwortungsvollen und solidarischen Umgang mit anderen Menschen und Kulturen hingewirkt werden. In diesem Zusammenhang entstand die Idee, neue Impulse für den fairen Kaffeehandel zu erarbeiten.
Die Idee, eine eigene - natürlich fair-gehandelte - Kaffeesorte auf den Konstanzer Markt zu bringen, die unter dem Namen "Konstanzer Mischung" die breite Öffentlichkeit erreichen sollte, war ein voller Erfolg. Durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit wie Ausstellungen, Preisausschreiben, Plakate oder Presseartikel wurde eine Solidarisierung der Konstanzer Kaffeetrinker erreicht: Die "Konstanzer Mischung" wird heute in Behörden, Kantinen, Cafés und Haushalten getrunken. Sie ist in vielen Geschäften in Konstanz erhältlich. Die Konstanzer identifizieren sich mir "ihrem" Kaffee, der kleine Mehrpreis gegenüber herkömmlichem Kaffee wird gerne bezahlt. Für viele Bürger ist es eine Selbstverständlichkeit, diesen Kaffee zu trinken, und so mit jedem Schluck die Welt ein Stück zu fairändern.
Nachdem dieser Wettbewerbsbeitrag als Sieger hervorging, hat unser Weltladen-Team mit der Umsetzung der Idee begonnen und konnte noch im gleichen Jahr die ersten Päckchen der "Konstanzer Mischung" anbieten.
Konstanzer Mischung mit erstem Etikettenmotiv